Dschungel, Fels und Eis
…wir sind wieder vom Trecken zurück. Mit einer kleinen Unterbrechung waren wir fünf Tage unterwegs und wie „que lindo“ (wie wunderschön) es war, erfahrt ihr hier…
Das sehr gute Wetterfenster (wir erleben gerade den „goldenen Oktober“ mitten im April) mussten wir unbedingt ausnutzen und darum wanderten wir zum Refugio Frey. Die weltweiten Klimaveränderungen sorgen hier in Nordpatagonien für wesentlich stabilere und auch wärmere Wetterlagen als in der Vergangenheit. Es gibt natürlich auch kühle und regnerische Tage, offenbar war uns der „Wettergott“ für unser Treckingvorhaben aber wohl gesonnen.
Die Berghütten hier sind ein bisschen anders als die in den Alpen. Oft sind sie kleiner, rustikaler aber nicht minder gemütlich. Der Essraum überfüllt – fast kuschelig, jedoch immer international. Das Team ist jung und geht auffallend liebevoll miteinander und sehr freundlich mit den Gästen um, ohne dabei oberflächlich zu sein. Die Kommunikation funktioniert sehr gut, auch ohne perfektes Spanisch oder Englisch. Wir waren mit Abstand die ältesten Gäste und uns überraschte, dass es so viele junge Menschen gibt, die es offensichtlich in die Berge zieht. Die Nacht mit ca. vierzig anderen im überfüllten Schlaflager, sehr dicht beieinanderliegend, war dann wegen der imposanten Geräuschkulisse etwas ruppig. Bei Schnarch Geräuschen schließt sich für mich der Bogen zu heimischen Alpenvereinshütten – nur gibt es dort oft Zweibettzimmer und wenn ich die Wahl habe, hätte ich…
Nach kurzer Erholung im Tal stand der dreitägige Tronador-Treck auf dem Plan. Doch dazu war einiges an Organisation erforderlich. Ohne Hüttenreservierung kein Treck! Eine Hütte (Refugion Rocca) konnten wir problemlos buchen die andere (Refugio Otto Meiling) nicht – die Reservierung hat dann doch geklappt, weil zwei Leute abgesprungen sind. Ein Taxi früh morgens musst organisiert werden, um uns vom Campingplatz Lago Guiterrez (ca. 18 km) zur Bussammelstelle zu bringen. Um in den Nationalpark und zum Ausgangspunkt des Trecks Pampa Linda (ca. 85 Km) zu kommen, war eine Busbuchung notwendig – der erste Bus war voll, im zweiten Bus bekamen wir dann Plätze. Damit wir schließlich den NP wieder verlassen konnten, mussten zwei separate Bootstransfers gebucht werden. Zurück nach Bariloche wollten wir dann wiederum nur mit einem Lokal Bus gelangen – soweit die Planung.
Für unsere Tour war unser Gepäck etwas umfangreicher – klar es war ein Tag mehr als bei der vergangenen Wanderung, aber umfangreicher war es vor allem, weil wir eine Gletscherüberquerung eingeplant hatten und die komplette Gletscherausrüstung mitgenommen werden musste. Die Wanderung über den Gletscher war notwendig, um zum Refugion Rocca zu kommen. Nach frühmorgentlicher Taxifahrt, zweistündigem Bustrasfer nach Pampa Linda, fünf Stunden und 1000 Hm Fußweg, erreichten wir in der Abendsonne das Refugio Otto Meiling.
Bemerkenswert war auch hier wieder eine Top Hüttencrew und ein super freundlicher, hilfsbereiter, auskunftsfreudiger und sehr sympathischer Hüttenwirt. Mit ihm verabredete ich mich für den nächsten Morgen zur „Gletscherroutenbesprechung“. Während unseres Abendspaziergangs begegneten wir Fabri, er zeltete vor der Hütte, was in Argentinien meisten erlaubt und auch üblich ist. Wir waren uns, trotz der Sprachbarriere (er konnte kein Englisch, wir können kein Spanisch) sofort sympathisch und da er auch über den Gletscher wollten, verabredetet wir uns für den nächsten Morgen zur gemeinsamen Überquerung.
Neben dem, dass es viele junge Menschen in die Berge zieht, gab es hier auffallend viele Frauengruppen unterschiedlichen Alters, die sich offensichtlich auch ohne männliche Begleitung in den Bergen sehr wohl fühlten. Sie verbrachten hier ein gemeinsames Wochende, miteinander plaudernd, lachend und in die Sterne schauend. Problemlos und offen war die Kontaktaufnahme, es gab immer jemanden aus der Gruppe die Englisch sprach und übersetzte konnte, so waren wir schnell miteinander im Gespräch. Eine so große Frauenpräsents und positive Atmosphäre habe ich in den Alpen noch nicht erlebt.
Am Morgen dann kurzer Tourenchcheck mit Simon dem Hüttenwirt und ging es zusammen mit Fabri über den Gletscher. Es war eine großartige Tour. Nach dem Gletscher trennten wir uns von Fabri und für uns ging es weiter zum Refugio Rocca.
Am nächsten Morgen starten wir zur letzten Etappe. Es ging vom Refugio Rocca zum Lago Fria, wo das Fährboot auf uns wartete. Dazwischen lagen jedoch noch fünf Stunden und 13 Km Fußmarsch durch feuchten, sumpfigen, nassen, bisweilen kühlen, aber wunderschönen Dschungel. Immer wieder staunten wir über den dichten undurchdringlichen Bambus und die bartähnlichen Flechten, die von den von Bäumen und Sträuchern herunterhingen. Die Kronen der mächtigen und wahrscheinlich uralten Baumriesen waren von unserem Pfad aus, durch das grüne Dickicht kaum zu erkennen.
Leider waren manche dieser Baumriesen quer über den Weg gefallen, zu hoch um darüber zu klettern und gerade noch so niedrig, dass ich, zwar mit Mühe, bückend darunter her krabbeln konnte – in die Knie zu gehen fällt doch schwer, zumal nach zwei bis drei Tagen wandern (…und natürlich auch wegen des Alters ;-)).
Und was soll ich sagen es war „que lindo“. Zum Schluss gab es dann noch Che Guevara`s Motorrad am Bootsanleger des Lago Fria.
Pünktlich erreichten wir das erste Fährschiff, danach ging es mit dem Bus durch den Dschungel zum zweiten Fährschiff, einem großen Katamaran. Auf dem Schiff trafen wir dann, völlig überraschend und total erfreut Fabri wieder. Er hatte schon auf uns gewartet, aber bei der Gletschertour ganz verschwiegen, dass er der Kapitän dieses Katamarans war. (Ok, vielleicht haben wir das auf spanisch auch einfach nicht verstanden 😉
Beim Abschied nach der Gletscherquerung hatten wir den gegenseitigen Fototausch via Whats App verabredet und Nummern ausgetauscht. Leider zeigte sich auch hier noch unser digitales Entwicklungspotential – wir alle sind nicht nur sprachlich, sondern auch als digitalnatives ganz weit hinten – eben sprachlich-digitale Fußgänger. Auf dem Schiff gab es dann zum Glück eine Kollegin von Fabri, die uns mit beidem unter die Arme griff. Es war ein großartiges Wiedersehen mit einem tollen Menschen.
Mit dem Bus sollte es dann zurück nach Bariloche – aber man kann das Ticket nicht im Bus kaufen – kein Problem, eine „Mitwanderin“ übernahm kurzer Hand und ohne zu überlegen den Fahrpreis mit ihrer Monatskarte. Super nett, unkompliziert und freundlich.
Von Bariloche zum Campingplatz sind wir dann tatsächlich getrampt… dass ich das noch erleben durfte/musste… aber es hat geklappt – die letzten 2 Km mussten wir dann allerdings laufen und wir waren doch schon sehr müde…
… und was gab es noch…?
tatsächlich gleich um Ecke einen kleinen Kletterspott – also Bariloche hat mich restlos begeistert und geschafft.
Bariloches schlechter Ruf, häufige Womo-Einbrüche, hektische Stadt usw. – können wir so nicht bestätigen. Wir haben uns einfach auf einen Campingplatz gestellt; ruhig und sicher und ne Feuerstelle, ne Toiletten und ne Dusche gab es auch noch… was brauchen wir mehr…?
… übrigens, wieder keine Kondore aus nächster Nähe – gesehen haben wir viele, aber immer zu weit wech‘…
Blasen gab es diesmal auch keine – die Präventivmaßnahmen bringen es (compeed – nur das Original!)
…nicht wundern, es gibt ein paar mehr Bilder…